Die meisten Arzeinmittelchemiker denken nach folgendem Muster: In homöopathischen Tropfen, “Globuli” oder „Verreibungen“ in denen der angegebene Wirkstoff aufgrund seiner Verdünnung oft nicht mehr nachweisbar ist, kann der Stoff auch keinerlei Wirkung haben - ein „seriöser Arzneimittelchemiker beschäftigt sich daher nicht mit homöopathischen Mitteln“. Ähnlich denken viele Schulmediziner, in deren Weltbild es gehört, dass – von psychosomatischen Erkrankungen abgesehen – ein Arzneimittel eine definierte, bekannte und nachweisbare Wirkung haben muss.
An dieser Stelle ist ein kurzer Abriss der Geschichte und über die Grundgedanken der Homöopathie erforderlich.
Similia similibus curentur
Auf deutsch: „Ähnliches wird durch ähnliches geheilt“. Daraus leitet sich auch das Wort Homöopathie vom griechischen hómoios (das Ähnliche) ab. Die Homöopathie wurde von dem deutschen Arzt Samuel Hahnemann (1755-1843, medizinischer Schriftsteller und Chemiker) im Jahre 1800 gegründet, allerdings hatten bereits Paracelsus und Hippokrates ähnliche Gedanken formuliert:
„Die Krankheit entsteht durch Einflüsse, die den Heilmitteln ähnlich wirken, und der Krankheitszustand wird beseitigt durch Mittel, die ihm ähnliche Erscheinungen hervorrufen.“ (Hippokrates von Kos, 460 v. Chr. – um 370 v. Chr.)
"Ähnliches wird durch Ähnliches behandelt und nicht durch Gegensätze"
(Theophrast von Hohenheim (1493–1541), genannt Paracelsus)
Die Hypothese Hahnemanns war, dass ein homöopatisches Arzneimittel an Gesunden ähnliche Symptome hervorrufen kann wie an einem Kranken mit denselben Symptomen. Die Mittel werden in stark verdünnter Form („potenziert“) gegeben, sodass sie kaum oder gar nicht mehr nachweisbar sind. Dass dadurch unerwünschte Wirkungen einer Substanz minimiert werden, liegt auf der Hand, dass durch dieses Verdünnungsverfahren die erwünschte Wirkung – wie es die Homöopathen annehmen – verstärkt wird, ist nicht verständlich. In heutige Studien wird oft behauptet, dass die Wirkung nicht über den Effekt eines Placebos (also einer Pille ohne Wirksubstanz) hinaus geht, Placeboeffekte aber bis zu 30 % betragen könnte. Die selektive Steigerung erwünschter Wirkungen durch das Potenzierungsverfahren widerspräche bisherigen naturwissenschaftlichen Vorstellungen – es gibt m.E. meist keine Anhaltspunkte für die Wirkung kleinster Wirkstoffmengen...(siehe Anmerkung)
Anm.: auf diese Betrachtung, sowie auf den Placeboeffekt wird später eingegangen.
Schulmediziner sehen die Wirkung bzw. Nichtwirkung ähnlich – es sind halt „Schulmediziner“, würde die wachsende Gemeinde der AnhängerInnen alternativer Medizin antworten.
Der Autor gibt zu, hauptberuflich ähnlich gedacht zu haben – doch nicht erst heute, auch bereits während meiner Berufszeit, hatte ich mir die Freiheit erlaubt, quasi „nebenberuflich“ (vielleicht durch eine differenzierte universitäre Ausbildung geprägt), über an sich selbstverständliche Dinge nachzudenken, anstatt sie einfach als „gegeben“ bzw. „selbstverständlich“ zu akzeptieren.
Deshalb fielen (und fallen) mir stets folgende Gedanken ein:
In jeder Wissenschaft darf alles angezweifelt werden. Wenn es keine wissenschaftliche Gründe für Zweifel gibt, sollte man gelegentlich danach suchen.
Sehr geringe Wirkstoffmengen können durchaus Wirkungen haben. Dazu fällt einem u.a. die unspezifische Reiztherapie ein, denn es war längst bekannt, dass Bienengift in sehr geringen Mengen Einfluss auf das Immunsystem haben kann. Da ich las, dass das Kauen von Bienenwaben Heuschnupfen verhindern kann, habe ich dies als Heuschnupfenallergiker selbstverständlich versucht und festgestellt, dass mir dies nicht geholfen hatte. Ich habe jedoch auch nach diesem Fehlschlag nicht angenommen, dass die Idee völlig unsinnig war – denn erstens gab es keine Begründung dafür, dass die Idee unsinnig ist und zweitens gilt das Wort „kann wirken“ für alle Therapieformen – auch für schulmedizinische Therapien – stets ist das “kann auch nicht wirken” impliziert (siehe a. ein update aus 2017) (2).
Erkenntnisse über „Neurotransmitter" zeigen, dass selbst geringe Wirkstoffmengen (sogar im Molekülbereich) gravierende Wirkungen auf die Funktion unseres Gehirns haben.
Der Placeboeffekt
Der Placeboeffekt ist erheblich größer als gemeinhin angenommen wird. Jeder Arzneimittelforscher weiß das. Es ist daher selbstverständlich, dass neue Arzneimittel nicht nur in einem einfachen Vergleich mit Placebos, sondern auch in einer „Doppelblindstudie“ getestet werden müssen. Das bedeutet, dass beim klinischen Versuch weder der Patient, noch der betreuende Arzt weiß, ob er den Versuchspersonen eine echte Wirksubstanz oder ein Placebo (also eine gleich aussehende Pille ohne Wirkstoff) verabreicht. Dies weiß nur der Versuchsleiter der Pharmafirma und nimmt die Signifikanz von Wirkung oder Nichtwirkung sehr ernst.
Der Placeboeffekt kann auch bei Operationen außerordentlich groß sein – wie in einer US-Studie nachgewiesen wurde. Von 120 Patienten mit athritischen Kniebeschwerden wurden 60 (d.h. die Hälfte) tatsächlich operiert, die andere Hälfte wurde nur mit oberflächlichen Schnitten am Knie versehen. Nach einem Jahr stellte sich heraus, dass insgesamt 90 Patienten (von 120) mit der Operation sehr zufrieden waren und angaben deutlich weniger Beschwerden zu haben, das heißt aber auch, dass ein Großteil dieser 90 Patienten auch ohne Operation weniger Beschwerden hatte.
Die Behauptung, dass bei der „Verschüttelung“ die dadurch aufgebrachte Energie in die Heilwirkung einfließt, ist aber auch bei der tolerantesten Einstellung zur Homöopathie absoluter Unsinn - es kann andere Erklärungen dafür geben, die wir noch nicht kennen.
Juristische Bedenken
Wer bei längeren Misserfolgen homöopathischer Therapien und fortschreitenden Beschwerden nicht den Rat der Schulmedizin sucht ist selbst schuld, kann aber deswegen juristisch nicht belangt werden. Ein homöopathischer Therapeut (mit welcher Ausbildung auch immer), der nach Misserfolgen seiner Therapie, dem Patienten nicht eindrücklich empfiehlt, den Rat der Schulmedizin einzuholen, handelt dagegen fahrlässig (u.U. sogar grobfahrlässig) und macht sich strafbar.
Was lässt sich zusammenfassend bei homöopathischen Behandlungen mit Sicherheit aussagen?
1. Homöopathische Mittel sind oft zu teuer, gemessen am Wirkstoffanteil oder gar in Vergleich zu den Forschungskosten herkömmlicher Arzneimittel.
2. Homöopathische Mittel können wirksam sein,
a) weil der Placeboeffekt, bzw. der Glaube an die Wirkung des Mittels sehr groß ist,
b) weil die Wirksamkeit niederdosierter Wirkstoffe nicht ganz ausgeschlossen werden kann. Wenn die Verdünnung allerdings so groß ist, dass der Wirkstoff nach heutigen analytischen Methoden nicht nachweisbar ist, kann man eventuell einen "Memory-Effekt" im Wassercluster berücksichtigen oder nach anderen Erklärungen suchen s.a. (1).
3. Wer bei ernsteren Beschwerden nach Misserfolgen homöopatischer Behandlungen keinen Arzt der Schulmedizin aufsucht, ist selber schuld.
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(1) Die neueren Forschungen der Immunologie lassen sogar Gedanken des "similia similibus curantur" wieder zu, wenn auch in neuer Form. So wie moderne immunologische Stoffe (z.B. monoklonale Antikörper) im Prinzip in sehr kleinen Dosen wirken könnten, ließe sich die Wirkung mancher Homöopatika vielleicht nicht einfach als "unspezifische" Reiztherapie, sondern sogar als hochspezifische "Immuntherapie" auffassen.
(2) Update: bezüglich der Homöopathie hat sich diie Meinung des Autors inzwischen etwas verändert: meine äußerst starke Asthmadisposition konnte nach einem Wiedereintreten von Anfällen (2015) und der völligen Ratlosigkeit der gesamten Schulmedizin bzw. dem zweijährigen erfolglosen Ausprobieren aller verfügbaren Pharmaka, homöopathisch innerhalb von 10 Tagen geheilt werden! Dieser Erfolg konnte auch im Blutbild durch den IgE-Wert (Immunglobulin IgE, ein typischer Immunfaktor) nachgewiesen werden. Mein IgE war vor der homöopathischen Behandlung beängstigend hoch und nach dieser Behandlung/Heilung auf null gesunken! Man sage niemals "nie"!
(AR)
(Version 10.12.2012 plus Update 2018)