Truvada – HIV Vorbeugungsmittel – ein Meilenstein?

 

 

Truvada - Bildquelle (c) Alfred Rhomberg

 

 

Truvada – ist das „HIV Vorbeugungsmittel“ wirklich ein Meilenstein?

 



„Die Zulassung ist ein Meilenstein im Kampf gegen HIV“, teilte Margaret Hamburg von der US-Arznei- und Lebensmittelaufsicht FDA am 18. Juli 2012 am Sitz der Behörde im US-Staat Maryland mit, also wenige Tage vor Beginn einer internationalen Aids-Konferenz vom 22. bis 27. Juli in Washington zu der 25.000 Teilnehmer erwartet werden. Ist schon der wissenschaftliche Nutzen solcher Mammutkonferenzen fragwürdig (außer, dass das Thema HIV durch solche Großereignisse wieder ins Bewusstsein der Medien und einiger Verantwortlicher gelangt), so ist der Nutzen des „neuen“ Medikamentes Truvada besonders fragwürdig. Es soll hier nicht über Fakten berichtet werden, die ohnehin über die Medien bereits kommuniziert wurden, stattdessen soll eine kurze Darstellung aus neutraler Sicht vorgestellt werden, zu der sich mein ehemaliger Blog über Gentechnologie, Stammzellenforschung und innovative Pharmaforschung in anderen Portalen der jetzt dieses Magazin PHARMA SELECTED transferiert wurde, stets verpflichtet sah und sieht.

 

Zunächst: Truvada ist nicht neu – die Arzneimittelkombination aus Tenofovir und Emtricitabin ist als Kombinationspräparat bei der HIV Behandlung seit längerem zugelassen – neu ist die vom US-Pharmaunternehmen Gilead Sciences beantragte (und jetzt erfolgte) Zulassung zur Vorbeugung gegen eine HIV-Infektion.

 

Zum hohen Preis von Truvada: wir sind es gewohnt, dass neue innovative molekularbiologisch hergestellte Medikamente teuer sind und vermutlich auch teuer bleiben werden, Truvada ist aber keine gentechnologisch hergestellte Wirkstoffkombination. Die Preise gentechnologisch produzierten Wirkstoffe, werden sich auch bei größerem Umsatz oder nach Ablauf der Patente (im Gegensatz zu Generica) nicht wesentlich verbilligen – die Herstellungsprozesse sind sehr kostenaufwendig (auch für Nachahmerfirmen), weil nur wenige Firmen über das entsprechende Know How verfügen. Der Weg in eine Zweiklassenmedizin ist also vorgezeichnet und bedeutet ein erhebliches Problem für unsere Gesundheitssysteme.

 

Beide Komponenten von Truvada sind niedermolekulare Stoffe, die vermutlich synthetisch hergestellt werden – für einen erfahrenen Pharmaforscher sollte die Synthese keine unüberbrückbare Hürde sein (genaue Herstellungsverfahren sind kaum zugänglich).

 

Beide Komponenten sind sogenannte „Antimetaboliten“. Tenofovir leitet sich vom Baustein Adenin, Ematricitabin von Uracil ab. Beide Basen gehören also zu den 4 Grundbausteinen der DNA, aus denen sich jeder Gencode zusammensetzt. Die veränderten Grundbausteine werden statt der ursprünglichen Bausteine in den Gencode eingebaut und führen zu Störungen bei der Vervielfachung der DNA. Beide Substanzen sind „Reversed Transkriptase Hemmer“, d.h. Stoffe, welche die „Überschreibung“ des Codes verhindern. Bei der Behandlung von Krebs haben sich solche Antimetaboliten gut bewährt, im Fall von HIV stellte sich meist heraus, dass diese ihre Wirksamkeit bald verlieren.


FACIT: Um ein „Meilenstein“ im Kampf gegen HIV zu sein, ist Truvada zu teuer (ca. 14.000 Dollar pro Jahr), zu wenig sicher und es besteht die Gefahr, dass die Wirksamkeit dieser chemischen Substanzklasse bald nachlässt. Für afrikanische Länder, in denen sich HIV am meisten verbreitet, ist das Mittel aus Kostengründen völlig ungeeignet.

 

(AR)

(Juli 2012)

 

Pharmaka sind Wirkstoffe für therapeutische oder diagnostische Zwecke, allerdings gilt der von Paracelsus (1493-1541) geprägte Satz:

 

„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei“.

 

Paracelsus machte sich bei seinen Vorlesungen in Basel oft unbeliebt weil er sie 1). auf deutsch hielt und 2). die vorherrschende Meinung der Humoralpathologie des Galen oft als Bücherweisheit medizinischer Gelehrter kritisierte.

 

 

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© Dr. Alfred Rhomberg