Neuer Therapieansatz gegen Multiple Sklerose durch eine spezielle Impftherapie

 

 


 

 

Ausgehend von einer Publikation in dem Fachjournal „Science Translational Medicine“ (1) wurde in der Fachliteratur und in seriösen Tageszeitungen über eine neue Immuntherapie berichtet und zwar soll über eine spezielle Impftherapie bei MS-Patienten die vermutlich auf autoimmunologischen Prozessen beruhende Erkrankung gedämpft werden.

 

Ein Wissenschaftlerteam um Andreas Lutterotti von der Innsbrucker Universitätsklinik für Neurologie und Roland Martin vom Universitätsspital Zürich haben in einem Versuch an Menschen versucht, die Immunabwehr „toleranter“ zu machen.

 

Die Multiplen Sklerose (MS) beruht wahrscheinlich auf einer fehlgeleiteten Immunreaktion gegen die Myelin-Markscheiden als Isolationsschicht von Nervenfasern im Gehirn. Dabei wandern auch aggressive Immunzellen durch die Blut-Hirn-Schranke in das Gehirn ein. Klassische Proteinanteile gegen die sich die Attacke richtet, sind MOG-, MBP- und PLP-Antigene.

 

Anm.: MOG = Myelin Oligodendrozyte Glycoprein, BMP = Myelin-Basisches Protein, PLPs = Proteolipid Proteins.

 

Die klassische Behandlung von MS erfolgt derzeit vor allem mit Methylprednisolon, Beta-Interferonen, Glatirameracetat und immunmodulierenden Substanzen bzw. monoklonalen Antikörpern. Ergänzend dazu wäre potenziell eine Verringerung der Autoimmunreaktion durch die genannte spezielle Impftherapie langfristig beherrschbarer.

 

Im Prinzip verfolgen Andreas Lutterotti und Roland Martin ein Prinzip, das bei Tieren bereits seit den 70iger Jahren bekannt ist, nämlich Milzzellen chemisch mit Antigenen zu koppeln. Die Wissenschaftler haben dieses Prinzip beim Menschen angewandt(1) und festgestellt, dass die Therapie offenbar gut vertragen wird. In der Praxis werden aus dem Blut von MS-Patienten gewonnene mononukleare, d.h. mit einem Zellkern versehene, Immunzellen an jene Peptide angehängt, gegen die sich die falsche Abwehrreaktion im Gehirn wendet und diese den Patienten injiziert. Theoretisch sollten die Peptide über die Milz und Leber wieder auf andere Zellen treffen und so den bei MS vorliegenden aggressiven T-Lymphozyten zeigen, dass sie körpereigen und nicht als fremd zu betrachten sind und daher nicht angegriffen werden müssen. Insgesamt wurden neun bisher untherapierte MS-Patienten mit schubförmigem bzw. fortschreitendem Krankheitsverlauf mit wachsender Dosierung behandelt. Bei den letzten Patienten wurde eine Dosis von drei Milliarden solcher Zellen verabreicht, an die sieben Peptide gekoppelt wurden (zwei Mog-Peptide, vier MBP-Peptide und ein PLP-Peptid). Nach Andreas Lutterotti wurden keine größeren Nebenwirkungen beobachtet, zudem wurde im Labor gezeigt, dass die T-Zellen nach dieser Zell-basierten Therapie an Aggressivität abnahmen, sodass jetzt weitere Studien mit einer größeren Patientenzahl folgen sollen.

 

(AR)

(12.7.2013)

 

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Quelle:

 

(1) http://stm.sciencemag.org/content/5/188/188ra75

 

 

Pharmaka sind Wirkstoffe für therapeutische oder diagnostische Zwecke, allerdings gilt der von Paracelsus (1493-1541) geprägte Satz:

 

„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei“.

 

Paracelsus machte sich bei seinen Vorlesungen in Basel oft unbeliebt weil er sie 1). auf deutsch hielt und 2). die vorherrschende Meinung der Humoralpathologie des Galen oft als Bücherweisheit medizinischer Gelehrter kritisierte.

 

 

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© Dr. Alfred Rhomberg