Lucentis® versus Avastin® - feuchte AMD

 

 

 

Schnitt durch menschliches Auge mit Blutgefäßen und Makulafleck - (c) NIH National Eye Institute, daher US Public Domain

 

 

 

Lucentis® versus Avastin® bei feuchter Makuladegeneration (AMD)

 

Die eigentlichen Ursachen der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) sind nicht genau geklärt – Rauchen, hoher Blutdruck, erhöhte Homocysteinwerte im Blut werden ebenso für eine AMD verantwortlich gemacht wie eine genetische Disposition oder die Folge toxischer Eigenschaften von Antimalariamitteln (Chloroquin) oder bestimmter Mittel zur Rheumatherapie. Geklärt ist dagegen, dass die Ursache der Sehbeeinträchtigung, die bis zur Blindheit führen kann, durch das Einwachsen von Gefäßen durch die Bruch’sche Membran in das retinale Pigmentepepithel erfolgt und durch eine Verschiebung des Verhältnisses von VEGF/PRDF(1) verursacht wird.

 

Am häufigsten ist die „trockene“ Makuladegeneration, die noch nicht behandelbar ist, aber meist schleichend fortschreitet und nur selten zur Erblindung führt. Die „feuchte“ AMD führt dagegen wesentlich schneller zu Leseschwächen und Erblindung, ist jedoch heute relativ gut mit dem rekombinanten monoklonalen Antikörperfragment Ranibizumab (Lucentis® von Novartis) behandelbar, das bei der Angiogenese (Ausbildung kleiner Blutgefäße) eine Rolle spielt und durch Einspritzen in den Glaskörper des Auges eine deutliche Verbesserung der Sehfähigkeit ergibt. Leider ist Lucentis® sehr teuer (eine Spritze kostet durchschnittlich ca. € 1260, der zeitliche Abstand der Spritzen hängt vom jeweiligen Ergebnis ab, die Behandlung muss lebenslang erfolgen).

 

Eine ähnliche Wirkung wie Lucentis® hat Bevacizumab (Avastin®, Roche), das von Roche für die Behandlung verschiedener Krebsarten erfolgreich eingesetzt wird, jedoch für die Behandlung der feuchten AMD nicht zugelassen ist(2), obwohl das Arzneimittel - ebenfalls ein monoklonaler Antikörper - nach dem gleichen Wirkprinzip den Prozess der Angiogenese (beim Tumorwachstum aber auch im Makulabereich) beeinflusst.

 

Avastin® ist erheblich billiger als Lucentis® (nur ca. € 460 pro Spritze gegenüber € 1260), deswegen wurden frühzeitig vergleichende Studien zur Behandlung der feuchten AMD durchgeführt, die inzwischen bei den letzten Studien (2011 und 2012) bestätigt haben, dass beide Substanzen etwa gleichwertig für die Indikation der feuchten AMD sind.

 

In manchen Kliniken wird Avastin® als nicht zugelassenes „Off-label Medikament“ mit Zustimmung der PatientInnen eingesetzt, Gesundheitsbehörden mancher Länder sind sogar der Meinung, dass bei Avastin® aus Kostengründen eine „Zwangszulassung“ für die Behandlung der AMD erfolgen sollte, rechtlich vertretbar ist eine derartige Zwangszulassung allerdings kaum, da die Haftungsfrage im Vordergrund steht und die Firma Roche selbstverständlich keine Haftung für ein nicht zugelassenes Präparat übernehmen kann.

 

(AR)

 

(1.12.2012)

 

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(1)  VEGF = Vascular Endothelial Growth Factor, PEDF = Pigment Epithelium-derived Factor

 

(2) Roche hat für Avastin® die Zulassung für verschiedene Krebsarten, betreibt jedoch offenbar die Zulassung zur Behandlung von AMD derzeit nicht.

 

Quellen:

 

http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMe1103334

 

http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/50052

 

http://www.makuladegeneration.org/lucentis.php

 

 

 

Pharmaka sind Wirkstoffe für therapeutische oder diagnostische Zwecke, allerdings gilt der von Paracelsus (1493-1541) geprägte Satz:

 

„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei“.

 

Paracelsus machte sich bei seinen Vorlesungen in Basel oft unbeliebt weil er sie 1). auf deutsch hielt und 2). die vorherrschende Meinung der Humoralpathologie des Galen oft als Bücherweisheit medizinischer Gelehrter kritisierte.

 

 

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© Dr. Alfred Rhomberg