alli – Xenical - Orlistat

Orlistat

 

 

 

alli, Xenical (Orlistat) - eine neue, alte Substanz zum Abnehmen

 

Orlistat wird von der Firma GlaxoSmithKline derzeit unter der Bezeichnung „alli“ massiv als neues Medikament zur Gewichtsabnahme beworben. Die Bezeichnung „neu“ ist relativ – ja, es ist ein neues Medikament, wenn man davon absieht, dass der Wirkstoff von Roche (seit 1998 als Xenical) am deutschen Markt zugelassen wurde und in der halben Dosierung von Xenical heute als “alli” von GlaxoSmithKline rezeptfrei in Deutschland oder Österreich vertrieben wird.

 

„alli“ ist ebenso wie Xenical relativ teuer (84 Kapseln “alli” kosten ca. 65 Euro)(1). Wer sich die Strukturformel von Orlistat ansieht, weiß, dass diese Substanz nicht billig sein kann. Eine Vollsynthese wäre wegen der komplizierten räumlichen Struktur kaum möglich (4 optisch aktive Zentren, ein gespannter Lactonring, ein langkettiger Rest – für den Chemiker eine Herausforderung!). Orlistat wird daher halbsynthetisch aus Lipstatin (aus Streptomyces toxytricini isoliert) hergestellt (s.a. Wikipedia Enzyklopedie). Auch diese Herstellung ist nicht billig.

 

Orlistat hemmt im Magen-Darmtrakt Enzyme, die für die Fettaufnahme zuständig sind. Dadurch werden weniger Fette im Körper gespeichert, zudem ist die Substanz relativ frei von Nebenwirkungen, wenn man sich an eine fettarme und kalorienreduzierte Diät hält. Die meisten Studien wurden mit dem Roche Präparat Xenical durchgeführt, daher ist die halbe Dosierung sicherlich noch nebenwirkungsärmer.

 

Orlistat hat neben der Gewichtsreduktion im Vergleich zu Placebogruppen auch andere positive Eigenschaften. Das Gesamtcholesterin wurde bei Studien im Vergleich zur Placebo-Gruppe um -4,4% versus 0,0% und das LDL um -7,2% versus -0,6% reduziert. Auch der Blutdruck sank im Vergleich zu Placebogruppe um ca. 4-5 %. Als Nebenwirkungen wurden beherrschbare Durchfälle und Blähungen beobachtet – beherrschbar, wenn man sich an eine fettarme, kaloriereduzierte Diät hält.

 

Vor– und Nachteile

 

Die Vorteile sind offenkundig – neben den oben angesprochenen anderen positiven Eigenschaften, ist eine (eher mäßige) Gewichtsreduktion (ca. 5–7 % des Körpergewichtes) innerhalb von 6 bis 9 Monaten möglich – länger soll das Medikament (alli oder Xenical nicht eingenommen werden). Nach dieser Zeit lässt die Gewichtsreduktion nach und nach einem weiteren Jahr hat man in vielen Fällen das ursprüngliche Körpergewicht fast wieder erreicht, das hängt jedoch von der Disziplin des Patienten hinsichtlich der Diät und seiner sportlichen Betätigung ab. Ein typischer Yo-Yo Effekt wie bei anderen Abmagerungskuren wird nicht beobachtet. Ein weiterer Vorteil: Orlistat wird im Gegensatz zu anderen Medikamenten (Appetitzügler, oder Reductil) nicht vom Körper resorbiert, d.h. es entfaltet seine Wirksamkeit nur im Magen-Darmtrakt und greift nicht, wie Appetitzügler, über den Gehirnstoffwechsel (Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin), in die Verarbeitung der Nahrung ein – daher die geringen Nebenwirkungen. Orlistat hemmt lediglich das im Darm vorkommende fettspaltende Enzym Lipase, so dass nur ca. 60% der aufgenommenen Fettmenge verdaut werden. Mit seinen positiven Wirkungen zur Cholesterin- und LDL-Senkung (Low Density Lipoprotein-Cholesterin = gefährliches Cholesterin) wäre es nach ärztlicher Rücksprache in Einzelfällen – zumindest zeitweise vermutlich möglich, auf die sogenannten „Statine“ zu verzichten, die häufig schlecht vertragen werden (Statine haben keine gewichtsreduzierende Wirkung, sie senken in erster Linie die Cholesterin/Trigycerid Werte und sind bei stark erhöhten Triglyceridwerten und zusätzlich erhöhtem Gamma-GT kaum verzichtbar, wenn eine Ernährungsumstellung und Alkoholkarenz keine Erfolge zeigt).

 

Nachteile und Kritik

 

Kritiker bemängeln oft den hohen Preis von alli oder Xenical im Vergleich zur Gewichtsabnahme (schlechtes Preis/Leistungsverhältnis). Wie eingangs erwähnt, handelt es sich bei Orlistat um eine chemisch komplizierte Struktur, deren Gewinnung leider teuer ist. Wer bedenkt, wie teuer andere angepriesene Abmagerungskuren sind, wird ein differenzierteres Urteil fällen, zumal viele dieser Kuren gesundheitsschädlich oder mit dem berüchtigten Yo-Yo-Effekt behaftet sind.

Ein ebenfalls nebenwirkungsarmes Medikament, Matricur, ist sicher das teuerste aller empfehlenswerten Medikamente.

 

Facit: Orlistat mag kein „ideales“ Abmagerungsmittel sein, es ist aber ein innovatives Arzneimittel, das bei etwas Disziplin eine gemäßigte, vernünftige Gewichtsreduktion erlaubt. Nach Meinung des Autors ist es trotzdem schade, dass „alli“ nicht mehr verschreibungspflichtig ist. Die Anwendung sollte ärztlich – vor allem unter Berücksichtigung der Blutfettwerte und des allgemeinen Status (Blutdruck, Kreislauf) eines Patienten kontrolliert werden.

 


(1) Vorsicht bei billigeren online-Angeboten, hier sind Herkunftsquellen und Produktqualität nicht immer garantiert!

 

(AR)

 

(20.01.2010)

Pharmaka sind Wirkstoffe für therapeutische oder diagnostische Zwecke, allerdings gilt der von Paracelsus (1493-1541) geprägte Satz:

 

„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei“.

 

Paracelsus machte sich bei seinen Vorlesungen in Basel oft unbeliebt weil er sie 1). auf deutsch hielt und 2). die vorherrschende Meinung der Humoralpathologie des Galen oft als Bücherweisheit medizinischer Gelehrter kritisierte.

 

 

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© Dr. Alfred Rhomberg